Tejosh Halder: vom Patenkind zum Ausnahmekünstler
Text: Gunhild Aiyub, Fotos: Kindernothilfe-Partner © Kindernothilfe, Soumik Das/Jjafrin Gulshan
Als Tejosh aus Bangladesch als kleiner Junge Figuren aus Matsch formte, ahnten seine Eltern nicht, dass er eines Tages ein berühmter Bildhauer sein würde. Dank seiner Patin aus München konnte er ein Kindernothilfe-Projekt besuchen. Er studierte, eröffnete seine erste Ausstellung, bekam zahlreiche Auszeichnungen. Bis heute hat er engen Kontakt zu seiner Patenmutter. „Sie ist meine Inspiration“, sagt er.
Tejosh Halder wurde 1982 in Kandi, einem Dorf im Distrikt Gopalgonjs, geboren. Er ist der Jüngste von vier Kindern, sein Vater ist Bauer, seine Mutter Hausfrau. Tejosh besuchte die kirchliche Dorfschule, etwas anderes gab es in Kandi nicht. Die Familie hatte kein Geld, um ihren Kindern eine gute Schulbildung zu finanzieren. Durch ihre Kirchengemeinde erfuhren Tejoshs Eltern vom Dacca Diocesan Boys Hostel, in dem Jungen aus armen Familien unterkamen, während sie dort die örtliche Schule besuchten. Sie wollten, dass ihr Sohn einen guten Start ins Leben bekam. Durch die Vermittlung ihres Pastors wurde er 1988 im Hostel aufgenommen und besuchte von dort die St. Paul’s Secondary School und später das College. „Ich blieb neun Jahre dort“, erinnert sich der 37-Jährige heute. „Ich fand es toll, hatte eine Menge Freunde und Spaß.“
Zielstrebig ging der junge Mann seinen Weg weiter
In seinem zweiten Monat im Projekt trat zumindest bildlich eine Frau in sein Leben, die für ihn sehr wichtig wurde. „Der Leiter des Wohnheims zeigte mir ein Foto und sagte. ‚Das ist deine Patenmutter.‘ Auf dem Bild lächelte mich Bernadette Strobl an. Er erklärte mir, dass sie für meine Schulausbildung und meinen Lebensunterhalt aufkommen würde.“ Für den kleinen Jungen ein unfassbares Erlebnis. Er setzte sich hin und schrieb ihr einen Brief – der Beginn einer mehr als 30-jährigen Freundschaft. Der Kontakt zwischen den beiden brach nie ab, auch als Tejosh 2004 aus dem Patenschaftsprogramm ausschied.
Zielstrebig ging der junge Mann seinen Weg weiter. Nach Abschluss seiner Collegezeit bekam er trotz großer Konkurrenz im Jahr 2000 einen Studienplatz am Institute of Fine Arts der Universität Dhaka und schrieb sich für Bildhauerei ein. Damit ging ein Kindheitstraum in Erfüllung: „Seit ich ein kleiner Junge war, wollte ich Künstler werden“, sagt er. 2005 gewann er mit seiner Skulptur von drei lesenden Kindern die Goldmedaille des Instituts. „Ich habe viele Auszeichnungen bekommen, aber die Goldmedaille und der Ehrenpreis bei der 12. Asiatischen Biennale 2007 als jüngster Künstler in der Geschichte dieser Ausstellung sind besonders wertvoll für mich.“
Seiner Patin berichtete er regelmäßig von allem
Als er 2007 seinen Bachelor in der Tasche hatte, eröffnete er seine erste, sehr erfolgreiche Solo-Ausstellung. Als jüngster Bildhauer in Bangladesch erhielt er ein Stipendium und machte an der Visva-Universität Shantineketan in Indien 2010 seinen Master – mit Bestnoten! Zurück in Dhaka mietete er ein Studio und nahm an nationalen und internationalen Ausstellungen teil. Sein Kunstwerk „Serious discussion“ steht vor dem Institut, an dem er einst studiert hat: Fünf Kinder sitzen rund um einen Tisch – ihre Körperhaltung, abgesehen vom Redner, in verschiedenen Stadien der Erschöpfung. Modell gestanden haben dafür Straßenkinder aus der Shahbagh-Region. Tejosh Halder nimmt damit die unzähligen Meetings, Seminare und Gipfeltreffen weltweit auf die Schippe. Dem Daily Star sagte er dazu 2006: „Seit so vielen Jahre treffen sich die Repräsentanten der Länder, um eine bessere Gesellschaftsordnung zu finden. Herausgekommen ist dabei bisher nichts.“
Seiner Patin berichtete er regelmäßig von allem, was in seinem Leben passierte – anfangs in Briefen, später dann per E-Mail. „Sie inspiriert mich“, sagt er, „ich versuche immer, alle Erfahrungen mit ihr zu teilen. Dass sie die Patenschaft für mich übernommen hat, war sehr wichtig für mich – keine Sprache der Welt kann ausdrücken, was ich fühle. Bernadette ist Teil meines Lebens und meiner Karriere. Die Pinsel, die sie mir vor Jahren geschickt hat, habe ich heute noch!